Projekt Neuer Wortschatz
Die Zeitverlaufsgrafiken in den
Neologismenwortartikeln – einige Anmerkungen
Die Zeitverlaufsgrafiken, ein Ergebnis der Kooperation zwischen den IDS-Projekten Methoden der Korpusanalyse und
-erschließung und Neuer Wortschatz, zeigen – vereinfacht gesagt –, wie sich in den
IDS-Textkorpora („Deutsches
Referenzkorpus“ [DeReKo]) das Aufkommen einer neuen Zeichenkette sowie ihr
Gebrauch über die Jahre hinweg spiegelt.
Als Anwendungsgebiet für
Zeitverlaufsgrafiken boten sich die Neologismen der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts in
besonderer Weise an: In diesem Jahrzehnt standen erstmals so große maschinenlesbare
Textmengen zur Verfügung, dass neue Zeichenketten, von denen die Neologismen einen
definierten Teilbereich ausmachen, von Beginn ihres Vorkommens an erfasst und dargestellt werden
konnten.
Die mathematisch-statistische Methodik, die diesen Zeitverlaufsgrafiken zugrunde
liegt, wird in der Dokumentation des Projekts Methoden der Korpusanalyse und -erschließung
nachgezeichnet.
Hier ein paar einführende Bemerkungen für den Nutzer, der wohl
in erster Linie aus sprachlichem Interesse die Seiten dieses Wörterbuches besucht und dabei auf die
Zeitverlaufsgrafiken stößt.
In der Regel vermitteln die Säulen in der
Grafik einen Eindruck von Aufkommen und Verbreitung eines Neologismus, der mit der auf der
zweiten Seite des Wörterbuchartikels stehenden Angabe zu Aufkommen und ggf.
auffälliger Verbreitung übereinstimmt. So bildet die Zeitverlaufsgrafik bei Potenzpille adäquat die Information
unter „Aufkommen“ ab: seit Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts, vorwiegend
1998, in Gebrauch.
Einige Besonderheiten sind allerdings zu nennen, wobei eine fundierte Erläuterung
letztlich dem Experten
vorbehalten bleibt:
1.
Das in der Grafik angezeigte Erstvorkommen eines Stichwortes muss
nicht immer mit der im Wortartikel unter „Aufkommen“ gegebenen Datierung
übereinstimmen, da für die Beschreibung der Neologismen nach unserem
Verständnis nicht die Erstbelegung, sondern das In-Gebrauch-Kommen in der deutschen
Allgemeinsprache ausschlaggebend ist (z.B. Alleinstellungsmerkmal).
2.
Eine Reihe von Neologismusstichwörtern hat keine
Zeitverlaufsgrafik, da eine solche keinen Aussagewert für den jeweiligen Neologismus
hätte. Da sich die dargestellten Vorkommen in den IDS-Textkorpora immer auf die
Gesamtheit der Vorkommen einer Zeichenkette beziehen, erlauben sie keine Aussage in Hinblick
auf die jeweils relevante Lesart.
Dabei handelt es sich um
2.1. Neubedeutungen, die zu den Bedeutungen von etablierten Lexemen
hinzutreten (z.B. Heuschrecke),
2.2. Neulexeme, die gleichlautende Lexeme neben sich haben, zu denen
aber kein semantischer Zusammenhang besteht.
Das sind insbesondere
• Initialwörter, die verschiedene
Auflösungsmöglichkeiten haben (z.B. steht BFD in den Texten nicht nur für die
hier gemeinte Langform ‚Bundesfreiwilligendienst‘, sondern auch für
‚Bund Freier Demokraten‘, ‚Bezirksfilmdirektion‘ oder
‚Berufsförderungsdienst‘).
• Wörter, die auch Eigenname sind (z.B. bezieht sich Rafter in den Texten nicht nur auf einen
Wildwasserfahrer, sondern auch auf den Tennisspieler Patrick Rafter).
• Partizipiale Adjektive, die gegenüber dem Partizip Perfekt des
Verbs semantisch isoliert sind (z.B. hat der Neologismus abgezockt die Lesart
‚clever‘ und nicht die Bedeutung von abzocken ‚jemandem
hinterhältig Geld abnehmen‘).
Ungeachtet dieser in Auswahl präsentierten Spezifika kann der Nutzer bei einem
Großteil der Neologismen des Onlinewörterbuches eine Vorstellung von Erstbelegung und Verbreitung, wie sie sich
in den IDS-Textkorpora darstellen, gewinnen.
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